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Kai Wenzel will gleich los zum Konzert. Der an Armen und Beinen gelähmte Mittzwanziger besucht eine Tagesförderstätte und bewegt sich im Rollstuhl fort. Sein Assistent Holger gibt Kais Frisur gerade den letzten Schliff und sprüht gewaltige Mengen Haarlack in die leicht antoupierten, schwarzgefärbten Haare Kais. Blödaussehen ist heute keine Option. Nicht bei diesem Konzert der britischen Postpunk-Band, auf das sich Kai schon seit Monaten freut. Vorher hat Holger dem jungen Mann ein leckeres Essen zubereitet und ihm beim Verzehr durch Anreichen geholfen. Holger merkt, wie aufgeregt Kai ist. Beide kommen gut miteinander zurecht. Dass sie einen ganz ähnlichen Musikgeschmack haben und sich manchmal gegenseitig Musik vorspielen würden, konnten sie zu Beginn ihrer Zusammenarbeit natürlich noch nicht wissen. Holger ist gern bei Kai. Vor allem schätzt er seine Unternehmungslust und wie wenig er sich darin von seinen erheblichen Einschränkungen beeinflussen lässt. Kai hat zuvor im stationären Bereich unterschiedlichster Einrichtungen gelebt. Irgendwann überstieg sein Wunsch nach mehr Selbstbestimmtheit seine Ängste vor dem Auf-sich-gestellt-Sein und er wagte den Schritt zum Leben in einer eigenen Wohnung mit Assistenzkräften. Bereut hat er es nicht. »Let’s roll«, sagt er zu Holger. Das Signal zum Aufbruch.
Herr Malenke könnte Kais Urgroßvater sein. Der 90-Jährige erzählt vom Krieg. Florian Karst, sein Assistent, der gerade damit beschäftigt ist, Herrn Malenkes Mittagessen mundgerecht zuzubereiten, hört geduldig zu, ohne beim Pürieren der Brokkoliröschen innezuhalten. Nicht dass er die Geschichte von der versprengten Einheit, ihrer Umzingelung in einem Waldstück und der zwangsweisen Niederlegung der Waffen sowie der anschließenden russischen Kriegsgefangenschaft noch nicht kennen würde: Er hört sie mindestens einmal am Tag. Wie bei vielen Senioren arbeitet auch bei Herrn Malenke, der zudem von einer beginnenden Demenz betroffen ist, das Kurzzeitgedächtnis nicht mehr besonders gut, während er sich an lange Zurückliegendes ungeheuer akkurat erinnern kann. Der Pflegebedürftige, der im Schnitt sechs Stunden am Tag und zweimal jede Nacht der Assistenz bedarf, war in seinem Leben immer in hohem Maße selbstständig. Dann musste er miterleben, wie seine Fähigkeiten zum eigenen Handeln eine nach der anderen abnahmen. Kein leichter Prozess für den alten Mann, der einst Abteilungsleiter war und nun auf fremde Hilfe angewiesen ist. Herr Malenke brauchte eine Weile, bis er mit Herrn Karst einen Assistenten fand, der ihn zu nehmen weiß, der sich nicht so leicht aus der Fassung bringen lässt, der nie laut wird und bei all dem auch noch den Balanceakt hinbekommt, den Senioren selbst in seiner Würde ernst zu nehmen, ohne dabei Abstriche bei seiner eigenen zu machen.
Dies sind nur zwei Beispiele für unsere Arbeit im Rahmen der individuellen Assistenz und Pflege. Bei dieser Leistung übernehmen wir alle anfallenden Arbeiten rund um Körperpflege, Ernährung und Mobilität – vom Duschen, Zähneputzen, Rasieren und der Hilfe bei der Darmentleerung über die Nahrungsaufnahme bis hin zum An- und Auskleiden und Zu-Bett-Bringen. Auch nachts sind unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Bedarf zur Stelle. Darüber hinaus helfen wir im Haushalt und unterstützen bei der Freizeitgestaltung. Der zeitliche Umfang unserer individuellen Assistenz und Pflege ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Er richtet sich nach der Bewilligung der Kostenträger und umfasst im Höchstfall eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung von täglich 24 Stunden. Wir stimmen unsere Pflege- und Assistenzleistungen stets auf die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden ab, dem das größtmögliche Maß an Mitbestimmung bei der eigenen Betreuung gewährt werden soll – unter anderem auch dadurch, dass er seine Pflege- und Assistenzkräfte selbstständig auswählt.